Zweite Serie (1985 – 1991)

Alle Fahrzeuge der Baureihe W126 die nach Herbst 1985 vom Band liefen sind so genannte 2.Serie Fahrzeuge. Sie kamen in den Genuss einer großen Modellpflegemassnahme (intern als MOPF bezeichnet) und besitzen ein moderneres sowie eleganteres Aussehen als ihre Vorgänger der 1.Serie.

Bisher unveröffentlicht ist das folgende Foto:

Es entstammt einer Einführungsschrift für den PKW-Vertrieb Inland der Daimler-Benz AG. Das Fahrzeug ist ein 1.Serie Modell welches auf den optischen Zustand der 2.Serie gebracht wurde. Auffällig ist dass es zwar die Kopfstützen der 1.Serie besitzt aber gleichzeitig auch schon die neue Hutablage verbaut bekam welche erst ab Anfang 1986 ab Werk lieferbar war (zur Unterbringung größerer Lautsprecher). Auch gab es zwar schon die MOPF-Stoßfänger, aber noch keine passende Auspuffanlage, was den Wegfall des Endtopfes erklärt. Der Heckdeckel besitzt links und rechts gebohrte Löcher zur Typenschildmontage – dabei wurden ab der MOPF die Typenschilder geklebt und nicht mehr gesteckt – außerdem gab es auf der rechten Fahrzeugseite keine Hubraumbezeichnung mehr seit Ende des W116. Entweder sollte es einen 300SE 2.6 geben oder einen Typ 500SEL 5.6 – in Analogie zu den hochrangigen Vorgängern 6.3 und 6.9 (dies ist sogar näherliegend, denn auch die Zeitschrift AMS berichtete mehrfach darüber in diversen Ausgaben der Jahre 1984 und 1985).

Auffälligstes Unterscheidungsmerkmal zwischen den Serien sind die neuen Stoßfänger – sie sind aerodynamischer ausgefeilt und vorne wie hinten weiter heruntergezogen. Um auch die Seitenlinie dynamischer gestalten zu können hat man die Seitenbeplankung etwas massiver aber glattflächig gestaltet und nun auch den Seitenschweller optisch vollverkleidet. Diese Maßnahmen lassen den Wagen gestreckter und eleganter erscheinen! (kleine Anmerkung am Rande.: der Daimler-Benz Chef-Stilist Bruno Sacco war von vorne herein kein großer Freund der geriffelten Seitenbeplankung der 1.Serie)

Die thermischen Anforderungen des neuen und großvolumigen 5,6-l-Motors hinsichtlich Kühlung und des höheren Vorderachsauftriebs durch die möglichen höheren Dauergeschwindigkeiten machte einen neuen, aerodynamisch optimierten Frontstoßfänger mit größerer Luftdurchlässigkeit zwingend erforderlich.
In Verbindung mit den neuen Reifendimensionen – die einen 65er Querschnitt aufwiesen – ergeben sich zwar deutlich harmonischere Proportionen, aber auch der Luftwiderstand erhöht sich dadurch zwangsläufig. Durch aerodynamische Feinarbeit im Detail konnte dies aber alles kompensiert werden, ja es ergab sich sogar eine Cw-Wert-Verbesserung von ca. 3% zum Vorgängermodell (1.Serie).

Alle Modelle vom 260SE bis zum 500SEL bekamen 205/65 R15 Reifen ab Werk montiert – das Spitzenmodell hingegen 215/65 ZR15. Aus diesem Grund sind bei den 560er Modellen auch die vorderen Kotflügel etwas modifiziert – ihr Radlauf ist ca. 2 Zentimeter weiter herausgezogen als bei den übrigen Typen. Kann man sehr gut erkennen wenn man zwei verschiedene Fahrzeuge vor sich stehen hat. (betrifft nicht die Landesausführungen USA und JAP)

Interessant hierbei ist noch dass in allen Mercedes-Publikationen aus dieser Zeit auch auf einen anderen Stoßfänger vorne hingewiesen wird – er wäre ebenfalls an die breitere Bereifung angepasst worden. Fakt ist jedoch, dass es diesen Stoßfänger nie gegeben hat, alle W126 der 2.Serie haben vorne den identischen Stoßfänger verbaut bekommen!

Noch eine Anmerkung aus gegebenem Anlass: da heutzutage die Reifendimension 215/65 R15 nahezu vollständig vom Markt verschwunden ist, sollte man seinen 5,6-l auf die neuere Reifendimension von 225/60 R15 umschreiben lassen – dies hat optisch und fahrtechnisch nur Vorteile und bringt darüber hinaus eine größere Auswahl an Reifenfabrikaten! Siehe auch hier.

Weitere Erkennungsmerkmale der 2.Serie sind die neuen Radzierblenden die jetzt den Modellen der mittleren Baureihe W124 entsprechen oder aber bei „SA Leichtmetallräder“ die heute als Gullideckel geläufigen 15-Loch Leichtmetallschmiederäder (siehe Innovationen). Hinzu kommen an der Wagenfront noch die schon aus dem letzten Modelljahr der 1.Serie bekannten Scheinwerferwischer mit integrierten Spritzdüsen statt auf der Stoßstange montierten (dies aber nur bei SA Scheinwerferreinigung).

Ausserdem haben diese Fahrzeuge eine nahezu außenhautbündige Heckscheibe die mit weniger massivem Chromschmuck auskommt und so dem Wagen eine gewisse Leichtigkeit verleiht und nebenbei auch noch aerodynamische Vorteile bringt – aber immer noch als Rinne ausgeführt wurde und so bei Regenwetter das Wasser an der Scheibe vorbeileitet und diese so durchsichtig bleibt!

Auch die SEC Modelle wurden dieser großen Modellpflegemaßnahme unterzogen – sie wurden hierdurch zweifelsohne noch zeitloser und noch eleganter. Neu war bei den großen Coupés eine neue Einstiegsvariante, der 420SEC, der die Modelle 500SEC und 560SEC ergänzte.

Im Innenraum hat sich bei der zweiten Serie vieles getan – es kam der frische Wind der neuen mittleren Baureihe W124 auch ins automobile Oberhaus. Angefangen bei einem vollkommen überarbeiteten Kombiinstrument nun mit matten (statt seidenmatt zuvor) Rundinstrumenten und neuer, sachlicherer Textur. Jetzt auch mit erweiterten Kontrollleuchten – Warnanzeigen für Wischwasserstand, Motorölstand, Kühlmittelstand und eine Glühlampenausfallkontrolle. (siehe auch hier)

Weiter fällt sofort ins Auge, dass es nun eine „Dachbedieneinheit“ gab – erstmals bei einem Mercedes-Benz überhaupt. Integriert in die Deckenleuchte vorne waren der Klimatemperaturfühler, die Gurtanlegewarneinrichtung und falls vorhanden der Schiebedachschalter. Letzterer besaß auch ab Ende 1986 bei eingeschalteter Fahrzeugbeleuchtung ein illuminiertes Symbol.

Desweiteren wurden in der unteren Mittelkonsole, um den Wählhebel herum, die kleineren und ansprechenderen Schalter aus der neuen mittleren Baureihe W124 verbaut. Sofort erkennbar an den neuen Schaltern der elektrischen Fensterheber, welche die Mittelkonsole deutlich aufgeräumter wirken lassen. (unten im Foto noch mit Erstserien-Lenkrad)

Weiter waren jetzt auch die Rosette des Lichtdrehschalters sowie auch die Skalen der Frischluftdüsen oberhalb der Mittelkonsole illuminiert sobald die Fahrzeugbeleuchtung eingeschaltet war.

Überhaupt wirkte der Innenraum durch diese vielen kleinen Detailverbesserungen und die hier und dort eingesetzte Frischenzellenkur wieder fit für die 1990er Jahre.

In einer internen Verkäuferinformation zu den neuen Typen schrieben die Werbefachleute von Daimler-Benz folgendes auf:

  • Zeitlos elegantes Design in Verbindung mit nutzenorientierter Aerodynamik
  • Betont die Eleganz: durch unaufdringliche, attraktiv-dynamische Linienführung
  • erfüllt höchste Repräsentationsansprüche: durch Hervorhebung Mercedes-typischer Formelemente im Sinne der Markenidentität
  • steigert die Werterhaltung: durch ästhetische Langzeitwirkung und zum anderen durch ausgewogene, harmonische Karosseriegestaltung.

Man merkt sofort welcher Ton seinerzeit im Hause Daimler-Benz herrschte und welchen Ansprüchen mal mit den modellgepflegten Typen der S-Klasse gerecht werden wollte.

Ein Mercedes war seinerzeit nicht modisch, aber stets in Rufweite der Mode!

Diese Überlegenheit bzw. Souveränität kann man auch hervorragend an der damaligen Werbung zur S-Klasse erkennen. Dass neuerdings eine erstarkte Konkurrenz aus München im abgesteckten Territorium wilderte, war kein Anlass nervös zu werden. Im Gegenteil, heute weiß man dass der Hype um den BMW 7er (e32) bereits im Jahr 1989/1990 wieder abebbte und der zu dem Zeitpunkt über 10 Jahre alte W126 noch einmal nachlegte. Sagenhaft – aber eine wahre Begebenheit!

Als eine Art i-Tüpfelchen gab es für die SEC-Modelle, sowie die SEL-Modelle mit SA Coupé-Sitzanlage (für die SE-Modelle auf besonderen Kundenwunsch ebenfalls lieferbar) ab Mitte 1986 eine neuartige Polster-Variante namens Amaretta. Hierbei handelt sich um ein von Daimler-Benz entwickeltes Produkt welches wie AlcantaraⒸ aufgebaut ist. Diese Ausstattung ist praktisch eine strapazierfähige, pflegeleichte und zugleich sehr edel anmutende Wildleder-Variante.

Aber Daimler-Benz wäre nicht der beste Automobilhersteller wenn sie nicht ständig und ohne unterlass weiterentwickeln würden. So gab es vom W126 auch zwei weitere, kleinere Modellpflegemaßnahmen – man könnte es viel mehr als Feinschliff im Detail bezeichnen.

Die USA-Modelle der 2.Serie sahen folgendermaßen aus – ihnen blieben die identischen Stoßfänger wie in der zweiten Serie erhalten (absolut keine Änderung!), jedoch gab es gefälligere Sealed-Beam Scheinwerfer und endlich eine Scheinwerferreinigungsanalge mit äußerst markanten Wischern.

Im September 1988 bekamen die Stoßfänger mehr Farbvielfalt – es gab nunmehr 12, statt der bisher üblichen 4 Farben, zur Kontrastlackierung der Stoßfänger – somit passten diese besser zur übrigen Fahrzeuglackierung. Die Wirkung der Fahrzeuge ist hierdurch noch edler und homogener in ihrer Gesamterscheinung.

Im Innenraum hat sich hauptsächlich die Lederpolsterung geändert. Anstatt der bisher schon etwas altertümlichen anmutenden Pfeifenaufteilung des edlen Materials auf den Sitzen, wurde dieses nun in größeren Bereichen quer verarbeitet und erfuhr gleichzeitig mittig eine Lochung (bisher nur Präge-Perforation). Der Werkstoff hat sich auch stark geändert – es wurde fortan nur noch besonders weiches Leder verarbeitet – so genanntes Softleder welches anschmiegsamer war. Die Türverkleidungen erhielten jetzt auch statt dem bisher verwandten Kunstleders MB-Tex einen Bezug aus echtem Leder das modisch und dennoch zeitlos in Falten geworfen war.
Weiter wurde die Serienausstattung aller Modelle aufgewertet – u.a. gab es nun serienmässig ein Lederlenkrad, einen Lederwählhebel, eine Aussentemperaturanzeige, einen elektrisch verstell- und beheizbaren rechten Außenspiegel sowie z.B. vier elektrische Fensterheber und Kopfstützen im Fond.
Unmerklich wurden in die Serie einfließend ab Juni/Juli 1988 deutlich mehr Dämmmaterialien in allerlei Hohlräumen der Karosserie verbaut, hierdurch wurde das Geräuschniveau um Fahrgastraum sowie Abrollgeräusche der Reifen spürbar minimiert.

Unter Enthusiasten als „geheime 3.Serie“ bezeichnet – schließt die letzte kleine Modellpflegemaßnahme alle Fahrzeuge nach Herbst 1989 ein. Hierbei handelt es sich aber nur um Detailarbeit die man nicht wirklich als „3.Serie“ bezeichnen kann und sollte. Denn die Maßnahmen im September 1988 waren deutlich umfangreicher als die Maßnahmen die im Jahre 1989 in die Serie einflossen.
Man erkennt diese Fahrzeuge an einer etwas breiteren und mit einem aufgesetzten Ring verkleideten Automatikkulisse. Die Fahrzeuge verfügen zudem auch über einen „Shift-lock“. Das heisst, nur bei im Zündschloss eingestecktem Schlüssel und getretener Betriebsbremse kann der Wählhebel aus der Stellung „P“ herausgenommen werden, eine recht nervige Angelegenheit die nur aufgrund einiger Fehlbedienungen unerfahrer Fahrzeugführer (in Verbindung mit Unfällen) eingeführt werden musste. Weiter wurde im Jahr 1989 noch ein kleineres Lenkrad mit einem um 1 Zentimeter geringeren Durchmesser (400mm) verbaut, sowie ab dem Frühjahr 1990 ein elektronischer Dimmer der den antiken Schleifpoti-Dimmer ersetzte.

Die Fahrzeuge wurden während des Bauzeitraums 1986-1991 kontinuierlich auf dem neuesten Stand gehalten. Sicherlich war dies auch den erstarkten Mitbewerber-Produkten zu verdanken, aber eben auch dem Daimler-Benz Anspruch „Das Beste oder Nichts“!

Ein spezieller Artikel soll über die vielen und meist verborgenen Modellpflegemaßnahmen innerhalb der Serien aufklären, hier geht es lang.

Fotos: ©fuenfkommasechs.de & Daimler AG

Kommentare